Tausend Hundertfüßer im Pilzwald
Centipede ist ein Arcade Klassiker, welcher im Jahr 1980 erstmals am Automaten gespielt werden konnte und von Atari herausgegeben wurde. Obwohl das Spiel – egal, ob nun am Automat, oder in der Umsetzung für Ataris Heimkonsolen einen großen Erfolg feiern konnte, war es als Shoot'em-Up bzw. Arcade-Spiel in der Frühgeschichte der Videospiele wohl alles andere als eine Besonderheit.
Was das Spiel aber dennoch von anderen abhob, war, dass man im Gegensatz zu anderen frühen Shootern, nicht im Weltraum unterwegs war und sich mit Aliens herumschlug, sondern vielmehr einen Wald von Hundertfüßer (engl. "Centipede"), Spinnen und anderem Getier befreien musste. Abgesehen davon hatte Centipede, aber auch noch eine andere Besonderheit, - oder vielmehr eine Weltpremiere zu bieten - war es doch das erste von einer Frau, genauer gesagt von Dona Bailey, entworfene und entwickelte Arcade-Spiel.
Nach weiteren Portierungen für diverse Heimkonsolen und -computer erschien 1992 schließlich auch eine Umsetzung für den Nintendo Game Boy, mit welcher ich mich heute auseinandersetzen werde.
Wie bereits erwähnt, findet man sich als Spieler in einer Art Pilzwald wieder, in dem man die gesamte Spielzeit über eingesperrt ist und aus dem es kein Entkommen gibt. Was bedeutet, dass man das gesamte Spiel auf einem einzigen Spielbildschirm bestreitet.
Die Spielfigur ist hierbei eine Art kleines Schiff, welches ihr mit dem Steuerkreuz bewegen könnt und per Druck auf "A" oder "B" einen Schuss abgibt. Hält man eine der Tasten dauerhaft gedrückt wechselt das Ganze vom Einzel- zum Dauerschuss.
Der Spieler befindet sich dabei konsequent am unteren Bildschirmrand und ist in ihren Bewegungen auf das untere Drittel des Spielfeldes beschränkt. Von oben beginnen, auch schon direkt nach Spielbeginn, die ersten Hundertfüßer und andere Gegnertypen in eure Richtung vorzudringen. In der Regel bewegen sich die Standardgegner, die "Centipedes", horizontal von einer Seite des Bildschirms zur anderen und erst wenn sie den Rand des Spielfeldes erreicht haben, machen sie einen Schritt auf euch zu und ändern ihre Richtung, um dieses Vorgehen an der entgegengesetzten Spielfeldbegrenzung zu wiederholen. Diese Standardbewegung wird unterbrochen, wenn deren Weg von einem Pilz versperrt sein sollte. Ist dies der Fall, machen sie sofort einen Schritt auf euch zu und ändern ihre Laufrichtung.
Ziel ist es natürlich die verschiedenen Insektenarten abzuschießen, um dafür Punkte zu kassieren. In klassischer Arcade-Manier gibt es bei Centipede keinen wirklichen Spielfortschritt zu erreichen, vielmehr attackieren euch die Gegner in zwölf Wellen pro Level. Habt ihr alle gegnerischen Wellen eines Levels überstanden, stoßt ihr auf die nächste Spielstufe vor, auf welcher der Schwierigkeitsgrad logischerweise etwas erhöht wird.
So bekommt ihr es mit zunehmender Spielzeit mit immer mehr und immer schneller werdenden Gegnern zu tun. Somit ist auch klar, dass das einzige Spielziel darin besteht eine möglichst gute Highscore zu erreichen. Welche vom Spielmodul natürlich - große Überraschung - nicht gespeichert wird.
Begonnen wird mit drei Bildschirmleben, welche verloren gehen können, falls eure Spielfigur von einem der Insekten berührt werden sollte. Ein Bonusleben erhaltet ihr für alle 12.000 Punkte, was dann durch eine kurze Musikeinspielung signalisiert wird.
Wenn ein Standardgegner getroffen wurde hinterlässt dieser auf der Stelle einen neuen Pilz, welcher es den nachfolgenden Gegnern natürlich möglich macht schneller in eure Richtung vorzudringen, zeitgleich aber auch als Deckung dient. Stellt dieser doch für die Feinde ein unüberwindbares Hindernis dar. Euch ist es hingegen möglich diesen ebenfalls unter Beschuss zu nehmen und den Pilz so wieder zu entfernen. Dadurch lassen sich den Gegnern bestimmte Laufwege aufzwingen, was insbesondere während den höheren Spielstufen nützlich wird.
Ebenfalls gilt es zu beachten, dass ein Hundertfüßer aus mehreren Körperteilen besteht. Während der Abschuss eines Kopfes euch 100 Punkte beschert, gibt ein Treffer am Körper lediglich 10 Punkte. Auch teilt sich der Centipede, sollte er nur am Körper und nicht am Kopf getroffen werden, in zwei Teile auf, die nun getrennt voneinander das Spielfeld unsicher machen.
Neben diesen Standardgegnern hetzt euch das Spiel aber auch noch einige weitere Insekten auf den Hals. So, beispielsweise eine Spinne, die sich, wie die Spielfigur, ausschließlich im unteren Drittel des Spielfeldes bewegt. Dabei schränkt sie nicht nur eure Bewegungsfreiheit ein, sondern lässt auch jeden Pilz verschwinden, mit dem sie in Berührung kommt. Bei einem Abschuss der Spinne kassiert ihr für eure Highscore entweder 600 oder 900 Punkte. Je nachdem, wie weit die Spinne in diesem Moment von euch entfernt ist. Habt ihr diese quasi im Nahkampf abgeknallt, gibt es natürlich die höhere Punktzahl als für einen feigen Ferntreffer.
Der Floh hingegen, fällt regelrecht vom oberen Bildschirmrand herunter und hinterlässt neue Pilze, während er zeitgleich einen jaulenden Soundeffekt von sich gibt. Das ist dann auch der Punkt, ab dem man sich wünscht, dass es in Centipede irgendeine Form von musikalischer Untermalung geben würde. Doch leider lässt sich diese nur während des Startbildschirms bzw. im Hauptmenü des Spiels finden. Der Abschuss eines Flohs beschert euch 200 Punkte während der Highscorejagd.
Der letzte Gegnertyp mit dem ihr es in Centipede zu tun bekommt, ist der Skorpion, welcher ab der dritten Welle jeder Spielstufe in Erscheinung tritt. Für ihn werden euch ganze 1.000 Punkte gutgeschrieben, ist er doch der am schwersten zu treffende, weil schnellste, Gegnertyp. Obendrein vergiftet ein Skorpion jeden Pilz mit dem er in Kontakt gerät. Dadurch wird es den Hundertfüßern dann möglich, sich direkt in Richtung des unteren Spielfeldrands zu bewegen. Somit solltet ihr das Feuer auf ihn konzentrieren, sobald er sich zeigt, und ihn so schnell wie möglich ausschalten. Beschert er euch doch einerseits die meisten Punkte und erhöht andererseits sogar noch nach seinem Ableben den Schwierigkeitsgrad.
Grafisch präsentiert sich die Gameboy Umsetzung von Centipede, wie zu erwarten, sehr minimalistisch. Das gesamte Spielgeschehen läuft vor einem komplett leeren Hintergrund ab, während die Spielfiguren in schwarz und sehr schemenhaft dargestellt sind. Ohne es in der Spielanleitung gelesen zu haben, würde man hier alles Mögliche, aber bestimmt keine Flöhe oder Skorpione erkennen. Zumindest, eine kleine Markierung um aufzuzeigen wo man sich als Spieler bewegen darf und wo die Bewegungsfreiheit der Spielfigur endet hätte nicht geschadet.
Der Sound ist... übel.
Sicherlich kann man keine große Erwartungen diesbezüglich an ein Gameboy Modul richten. Aber insbesondere der durch Mark und Bein dringende Ton, den die Flöhe von sich geben, im Zusammenspiel mit der Häufigkeit, mit der sie in Erscheinung treten (seeeeehr oft), liegt jenseits jeder Schmerzgrenze.
Die Bedienung hingegen funktioniert perfekt. Zwar ist das Spielfeld offensichtlich in Quadrate aufgeteilt worden, über die ihr euch bewegen müsst - was eine "pixelgenaue" Steuerung natürlich nicht möglich macht - Aber, da den Gegnern das Selbe Handicap auferlegt wurde, ergeben sich dadurch für den Spieler keine nennenswerten Probleme.
Centipede - Fazit:
Für Retro-Interessierte und Sammler, die auch vor den kleinen Gameboy Modulen keinen Halt machen, ist der Centipede-Port für Nintendos Handheld, trotz des minimalistischen Spielprinzips und der damit im Einklang stehenden Technik, in jedem Fall einen Blick wert.
Pro:
- sehr einfaches, aber süchtig machendes Spielprinzip
- ebenso einfache und perfekt angepasste Steuerung
Kontra:
- ohrenbetäubende Soundeffekte
- keine Musik während des eigentlichen Spieles
- keine Hintergrundgrafik
Centipede
Genre: | Shoot'em Up |
System: | Game Boy |
Jahr: | 1992 |
Entwickler: | The Code Monkeys |
Publisher: | Accolade |
6 / 10
Centipede – In einem Satz:
Brauchbare Umsetzung mit schrecklichem Sounddesign!
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