Altbekannt und abgedreht

Parodius ist im Kern ein ganz klassisches Shoot’em-Up. Im Grunde geht es nur darum von links nach rechts zu fliegen, jede Menge Gegner abzuschießen, deren Projektilen auszuweichen, so viele Power-Ups wie möglich einzusammeln und uns am Ende jedes Levels und mit dem jeweiligen Bossgegner anzulegen.
Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich bei Konamis Parodius um eine Parodie auf die hauseigene Gradius-Serie. Im
Gegensatz zum Original legen wir uns hier nicht mit Horden feindlicher Raumschiffe und dergleichen an. Nein!
Vielmehr geht es darum solch diabolische Kreaturen wie Pinguine, Clowns, eine Bauchtänzerin oder ein fliegendes Piratenschiff mit Katzenkopf in die Schranken zu weisen.
Das hört sich schon einmal grundsympathisch an.
An dieser Aussage lässt sich bereits wunderbar erkennen, dass sich Parodius selbst in keinster Weise ernst nimmt und wie einfallsreich, wenn auch abgedreht, das Gegner-, Level- und Bossdesign ist.
Zu Beginn können wir uns für eine von vier möglichen Spielfiguren entscheiden, mit der wir das Spiel bestreiten wollen.
Zur Auswahl stehen der klassische Raumgleiter „Vic Viper“, dessen Aussehen Freunden von Gradius wohl gleich bekannt vorkommen dürfte.
„Octopus“, der, große Überraschung, ein Oktopus ist.
„Thin Bee“, der vom Design her auch eher einem klassischen Shoot’em-Up entsprungen zu sein scheint.
Und zu guter Letzt „Pentarou“, der Pinguin.
Unabhängig von unserer Wahl beginnen alle vier auswählbaren „Schiffe“ mit recht schwachen Projektilangriffen. Um diese zu verstärken gilt es genretypisch Powerups
einzusammeln, die von abgeschossenen Gegnern zurückgelassen werden.
Beim Aussehen der Power-Ups zeigen sich die ersten Unterschiede zwischen den einzelnen Figuren. Während die Vic Viper die gleichen Powerups einsammelt, wie sie schon
in Gradius zu sehen waren, muss Pentarou beispielsweise Bonbons sammeln um seinen Angriff auf die höchste Stufe aufzurüsten.
Abgesehen davon, unterscheiden sich die Charaktere noch in den Angriffen selbst. Die Vic Viper bekommt im Spielverlauf Laserwaffen spendiert. Octopus greift seine
Feinde mit einer Art Schallwelle an. Thin Bee feuert mit der Zeit Boxhandschuhe, während Pentarou bei seinen Projektilangriffen bleibt und diese mit der Zeit verstärkt.

Zusätzlich zu den verstärkten Waffen erhält jede der Figuren auch „Drohnen“. Das sind kleine Abbilder Ihrer selbst, die unsere Bewegungen nachahmen und kräftig mit austeilen.
Alles in allem spielen sich die Charaktere aber ansonsten identisch und unterscheiden sich im direkten Vergleich nur in ihrem Aussehen voneinender. Zwar variiert das
Angriffsmuster der Spielfiguren, aber einen wirklichen spielerischen Unterschied, oder gar einen Vorteil, den ein Charakter den anderen gegenüber hat, konnte ich nicht feststellen.
Des Weiteren lassen erledigte Gegner, neben den normalen Powerups, von Zeit zu Zeit auch noch weitere Extras zurück. Zum einen gibt es ein Powerup, das, wenn
eingesammelt, alle sich auf dem Bildschirm befindlichen Gegner auf der Stelle tötet. Zum anderen gibt es noch Glocken, für die wir um sie einzusammeln weniger Zeit als für die restlichen Extras
haben, da diese mit hoher Geschwindigkeit auf uns zugeflogen kommen. Gelingt es uns Schüsse auf die Glocke abzugeben, fliegt diese wieder etwas zurück und verändert ihr Aussehen.
In der normalen Form geben uns diese lediglich ein paar extra Punkte für die Highscore. Was für mich schlichtweg nicht nachvollziehbar ist, da es sich bei
Parodius weder um ein punktebasiertes Spiel handelt noch speichert das Modul die erzielte Punktzahl dauerhaft ab. Einmal den Game Boy
ausgeschaltet und „schwupp“, das war es dann auch schon mit der Highscore. In meinen Augen ist das nichts weiter als verschenktes Gameplay.
Aber, zurück zu den Glocken. Nachdem wir auf diese geschossen haben, ändern diese ihre Eigenschaft und spendieren uns Extrafähigkeiten: Entweder ein abfeuerbares
Schutzschild, dass alle feindlichen Projektile abblockt und uns so eine kleine Verschnaufpause vor feindlichem Beschuss verschafft. Oder unsere Spielfigur wird plötzlich größer. So können wir
dann keinen Schaden mehr erleiden und durch alle Gegner hindurchfliegen.
Das Gameplay und die Steuerung gehen hierbei nahtlos ineinander über. Egal, wie viele Feinde oder Schüsse auf uns zukommen, wir
sind immer Herr der Lage und in voller Kontrolle über unseren Charakter. Von Schwierigkeitsgrad selbst werden wir zwar gefordert, aber, dank der reibungslosen Bedienung, nie aus den falschen
Gründen überfordert. Falls das doch einmal vorkommen sollte, stehen vor Spielbeginn im Optionsmenü drei verschiedene Schwierigkeitsgrade zur Wahl. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass wir hier auch
die Möglichkeit haben einen Level unserer Wahl auszusuchen, von dem aus das Spiel begonnen werden soll:
Auch lässt sich hier die Steuerung bearbeiten. Im Klartext bedeutet das, dass wir frei wählen können ob mit „A“ oder „B“ gefeuert werden soll. Mit der jeweils
anderen Taste können, auf Wunsch, die eingesammelten Powerups manuell eingesetzt werden. Die Richtungsangaben erfolgen natürlich über das Steuerkreuz.
Das Einzige was mich am Spielverlauf gestört hat, war, dass die Gegner durch die Levelbegrenzungen fliegen können, was uns als Spieler natürlich verwehrt ist. So
kann es dann auch vorkommen, dass, wenn diese Gegner aus der Wand herauskommen und wir diese im falschen Moment abschießen, sie ein unerreichbares Powerup innerhalb der Levelbegrenzung
zurücklassen. Sicherlich kein Beinbruch, aber unnötig.
Wie bereits erwähnt, wird uns auch die Möglichkeit gegeben, die eingesammelten Powerups manuell auf Geschwindigkeit, Feuerkraft, etc. zu verteilen. Dafür müssen wir
zunächst genug davon einsammeln und diese dann per Druck auf „A“ (Standard-Tastenbelegung) der Entsprechenden Fähigkeit zuweisen.
Das hört sich allerdings besser an, als es im Endeffekt ist. Bei dem schnellen Spielablauf von Parodius, der uns im Sekundentakt dazu zwingt Projektilen,
Levelbegrenzungen und Gegnern auszuweichen, wobei letztere ganz nebenbei noch abgeschoßen werden sollen, um noch mehr Powerups zu erhalten, endet das manuelle „Aufpowern“ in der Regel mit einem
schnellen Tot. Da nach unserem Ableben natürlich alle Powerups verloren gehen ist es also ratsam, doch eher die Automatische Verteilung der Powerups zu wählen.
Optisch ist Parodius einfach nur grandios und zaubert ebenso fantasiereiche, wie gut animierte Gegner und Levelumgebungen auf das alte schwarz-weiß Display. Was aber wirklich Schade ist, ist, dass der Hintergrund nur zu Beginn eines Levels einen Sternenhimmel zeigt und ansonsten völlig weiß bleibt. Dafür kann Parodius allerdings mit den detaillierten Bossen richtig auftrumpfen, wodurch sich der meist fehlende Hintergrund verschmerzen lässt.
Die soundtechnische Untermalung ist ebenfalls rundum gelungen. Die fröhlichen und schnellen Melodien passen perfekt zur ironischen Selbstdarstellung des
Spiels.
Pro:
- Schöne Grafik
- Herrlich verrücktes Gegner- & Leveldesign
- Präzise Stueuerung
- Ebenso unkompliziertes, wie eingängiges Spielprinzip
Kontra:
- Gegner fliegen durch
Wände
- Power-Ups können unerreichbar sein
- Manuelles einsetzen von Power-Ups nahezu unmöglich
- Hintergrundgrafik existiert nur zu Levelbeginn
PARODIUS

Genre: Shoot'em-Up
System: Game Boy
Entwickler: Konami
Jahr: 1990
83 |
83 / 100: Sehr Gut
Sicherlich zieht Parodius seine größte Faszination aus dem abgedrehten Gegner- und Leveldesign. Denn, um ehrlich zu sein, bietet die Spielmechanik
selbst rein gar nichts, was es nicht schon in dutzenden Spielen vorher gab. Aber, genau das ist auch irgendwie das Schöne daran. Es kopiert mehr oder weniger dreist seine offensichtlichen
Vorbilder, nimmt sich dabei selbst kein bisschen ernst, weiß genau was es ist und wie es sich zu präsentieren hat.
Eine klare Empfehlung meinerseits, an jeden der etwas mit Game Boy oder Shoot’em-Ups anfangen kann und nichts dagegen hat, mit einem Oktopus auf Pinguine oder
kleine Küken zu schießen. Sauber!
Grundsolides Spieldesign, selbstironisch verpackt!
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